Freitag, 6. März 2015

Heute mal nicht über New York, aber über die Frauenquote in Deutschland

Dieser Beitrag dreht sich nicht um New York, sondern mehr über die beschlossene Frauenquote in Deutschland. Ich bin eine Frau, 22 Jahre alt und studiere Wirtschaftsinformatik. Ich sehe mich später definitiv in einer Führungsposition, aber nicht wegen der Quote. Die Quote wird es meiner Meinung auch nicht ändern, ob Firmen sich dazu entschließen, mehr Frauen zu befördern. Die Quote ist nur eine Zahl, die sich meiner Meinung sogar negativ auf Frauen auswirken kann. Ich finde es nicht in Ordnung, dass Deutschland eine so geringe Prozentzahl an weiblichen Führungskräften hat, aber man kann auch keine Firmen oder Frauen dazu zwingen, mehr Verantwortung zu übernehmen. "Sie hat diese Position nur wegen der Quote bekommen" - ich bin mir sicher, dass sich dieser Satz in naher Zukunft in vielen Köpfen finden wird (wenn auch nicht laut ausgesprochen), sei es von Männern oder Frauen. 

Ich setze mich sehr dafür ein, mehr weibliche Studentinnen für "mehr" zu ermutigen. Seit einem Jahr bin ich Teil der amerikanischen, von Sheryl Sandberg (Facebook Geschäftsführerin) gegründeten, Organisation "Lean In". Alles in dieser Organisation dreht sich um "50-50", was bedeutet, dass wir im Berufs- und auch im Privatleben Geschlechtergleichheit erreichen wollen. Frauen sollen dazu ermutigt werden, trotz Kinderwunsch eine Karriere zu haben und Männer sollen mehr Möglichkeiten bekommen, mehr für ihre Kinder da zu sein. Teilzeit für Frauen: vollkommen normal. Teilzeit für Männer: ein komplettes No-Go. Aber genau das ist für mich ein absolutes No-Go. Ist man auch direkt eine schlechte Mutter, wenn man nach dem Mutterschaftsurlaub gleich wieder Vollzeit ins Berufsleben steigt, während der Vater ohne überhaupt überlegen zu müssen seine Vollzeitposition weiter ausübt? Es gibt so viele Bespiele dafür, dass wir noch lange nicht an der Geschlechtergleichheit im Berufsleben angekommen sind. Das Problem ist jedoch: keiner sprach darüber. Ich bin mit dem Gedanken aufgewachsen, dass es wohl ok und normal sei, als Mutter zu Hause zu bleiben. Jetzt, wo ich die Möglichkeiten habe, durch meinen Beruf wirklich etwas zu ändern, käme mir dieser Gedanke gar nicht in den Sinn. Ich liebe, was ich studiere und ich weiß genau, wo ich hin möchte. Außerdem möchte ich Kinder. Für mich ist das kein "entweder-oder". 

Ich bin derzeit in New York, studiere für ein Jahr an der Columbia University. Ich habe viele Frauen in Manager-Rollen von den größten Technologiefirmen hier kennen gelernt und ich sehe immer wieder, dass es möglich ist, wenn man will und den notwendigen Support bekommt. Dieser Support kommt nicht vom Staat - die USA hat keine Quote. Dieser Support kommt von Firmen. Firmen, die wirklich auch wollen, dass ihre Frauen Initiativen ergreifen und sich nicht vor Beförderungen zurückhalten. Ich wünschte, mehr Firmen in Deutschland würden das auch begreifen.

Mit der Quota hat Deutschland die Initiative ergriffen, weil es die Firmen nicht tun. Einerseits macht es Sinn für mich, aber andererseits kann und will ich es nicht unterstützen. Das Problem ist nicht die Gesetzgebung, sondern das Arbeitsumfeld für Frauen. Doch wie kann man dann mehr Frauen zu Führungsposition ermutigen? 
Es gibt viele verschiedene Beispield dafür: 
(1) Elternzeit für beide Elternteile
(2) Workshops für Frauen, die nach einer Mutterschaftszeit wieder in ihren Job starten wollen (Reintegration)
(3) Von Firmen organisierte Kinderhorte
(4) Zusatzaktivitäten: z.B.: Kochworkshops, Schwangerschaftsworkshops, Kreise, bei denen sich Frauen austauschen können etc.
(5) ...

Firmen müssen für ihre Frauen kämpfen, wenn sie wirklich wollen, dass sie bleiben. Dafür gibt es "Diversity Management" Abteilungen. In den USA gibt es unzählige dieser Positionen. In Deutschland könnte das jedoch noch sehr ausgeweitet werden. Viele der größten deutschen Unternehmen haben nicht mal eine Abteilung für Diversity. Wir reden jahrelang über mehr Frauen in Führungspositionen, aber wer engagiert sich dafür? Die Regierung? Ja, weil sie musste. 

Bitte, liebe Firmen, folgt nicht nur einer Quote, sondern macht euch ernsthaft darüber Gedanken, wie ihr Frauen halten möchtet. Bietet Frauen Beförderungen an, auch wenn sie schwanger sind - ich habe in den USA oft von Frauen gehört, die nur zu ihrem Job zurück gegangen sind, weil sie eine aufregende neue Aufgabe im Beruf hatten. Warum sollen Frauen dann nicht bei ihrem Kind zu Hause bleiben, wenn sie ihren Beruf nicht zu 100% mögen? Da die meisten Firmen von Männern geführt werden, wird auch nicht darüber nachgedacht. Deshalb brauchen wir die Frauen in unserer Wirtschaft, die ihren Arbeitgebern Vorschläge machen. Z.B. bei Facebook gibt es direkt am Eingang extra Parkplätze für Schwangere - würden Männer auf so eine Idee kommen? Nein, es wurde von einer Frau (Sheryl Sandberg) angefragt und erfolgreich eingeführt. 

Ich persönlich möchte andere Personen managen (= Talente von Menschen erkennen und für Projekte einsetzen). Ich möchte an etwas arbeiten, was mir Spaß macht und der Welt einen Mehrwert gibt. Und ich werde hart dafür arbeiten, egal wie vielen Überstunden und Schweiß dafür nötig ist. Ich will Teil der 30% sein. Ich hoffe, dass es mehr Frauen in Deutschland gibt, die so denken wie ich. Traut euch was. "Leaned in". 


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Maria Hollweck
Computer Science Visiting Student, Columbia University, 14' - 15'
Business Informatics Student, OTH Regensburg, 12' - 16'
Founder, Lean In @ Columbia University
Founder, Girls Can Do IT


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